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Mit knappen Mitteln die bestmögliche Wirkung in der Internationalen Zusammenarbeit erzielen - warum wir jetzt auf Smart Buys setzen sollten

  • Kooperation Global
  • 26. März
  • 6 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 18. Juni


Pandemien, geopolitische Krisen und der Rückzug von Akteuren wie der USA stellen die internationale Zusammenarbeit vor neue Herausforderungen – während zugleich die Haushalte unter Druck geraten. Auch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) steht unter dem zunehmenden politischen Anspruch, mit knappen Mitteln die bestmöglichen positiven Wirkungen zu erzielen. Evaluationen zeigen jedoch: Die Wirkung einzelner Programme variiert erheblich. Manche Maßnahmen entfalten mit geringen Mitteln große Wirkung, andere bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück.

Gleichzeitig liegt umfangreiche wissenschaftliche Evidenz darüber vor, welche Interventionen besonders kosteneffektiv wirken. In dieser Lage stellt sich für Entscheidungsträgerinnen und -träger in der Internationalen Zusammenarbeit eine fundamentale Frage:


Wie können wir mit den verfügbaren Mitteln die größtmögliche positive Wirkung erzielen?


Das Konzept der Smart Buys bietet hierauf eine evidenzbasierte, pragmatische Antwort: Smart Buys sind Entwicklungsinterventionen, die durch rigorose wissenschaftliche Evaluierungen als außergewöhnlich kosteneffektiv nachgewiesen wurden. Sie erzielen pro investiertem Euro eine überproportional hohe Wirkung im Vergleich zu durchschnittlichen Entwicklungsprogrammen und leisten damit einen herausragenden Beitrag zu Armutsreduktion, Gesundheitsversorgung und nachhaltiger Entwicklung.


Was macht Smart Buys aus?

Smart Buys-Ansätze sind konkrete Entwicklungsmaßnahmen, die auf rigoros ausgewerteter wissenschaftlicher Evidenz beruhen. Sie sind Best-Practice Beispiele dafür, welche Programme weltweit besonders kosteneffektiv sind und lassen sich – mit kontextspezifischer Anpassung – auch in neuen Regionen erfolgreich umsetzen. Damit bieten sie nicht nur eine Orientierung für strategische Entscheidungen, sondern auch eine ethische Leitlinie: Wenn wir wissen, dass bestimmte Interventionen mit den gleichen Ressourcen ein Vielfaches an Menschenleben retten oder Lebensqualität verbessern können, besteht eine moralische Verpflichtung, diese Erkenntnisse in praktisches Handeln umzusetzen.


Konkrete Beispiele: Wo Smart Buys bereits nachweislich besonders viel bewirken


Häufige Fragen zu Smart Buys


1.) Ignoriert der Ansatz qualitative Aspekte oder lokale Kontexte?

Moderne Smart-Buys-Ansätze verknüpfen quantitative Evidenz mit kontextsensibler Anpassung, partizipativer Planung und dem Einbezug lokaler Wissenssysteme. Auch langfristige und systemische Wirkungen – etwa in der Governance oder durch soziale Normenveränderung – werden zunehmend in die Bewertung einbezogen.

2.) Sind Entwicklungsinterventionen überhaupt messbar und vergleichbar?

Die Entwicklungszusammenarbeit ist heute eines der am besten evaluierten Politikfelder. Methodische Fortschritte ermöglichen fundierte Aussagen über Wirkung und Kosteneffizienz. Kombinierte Ansätze erfassen quantitative und qualitative Daten und ermöglichen differenzierte Wirkungsmessung auch in komplexen Kontexten. Smart Buys nutzen standardisierte Zielgrößen wie gerettete Lebensjahre (QALY), Lernfortschritte oder Krankheitsprävention, die sich valide messen und vergleichen lassen. Bewährte Rahmenwerke wie OECD-DAC-Kriterien ermöglichen systematische Vergleiche und evidenzbasierte Steuerung.

3.) Vernachlässigt der Fokus auf quantifizierbare Wirkungen nicht wichtige qualitative Aspekte?

Die Gegenüberstellung von quantitativen und qualitativen Werten führt in eine falsche Dichotomie. Smart Buys sind nicht auf rein quantitative Metriken beschränkt, sondern integrieren zunehmend qualitative Dimensionen durch Mixed-Methods-Ansätze, die quantitative Rigorosität mit qualitativer Tiefe verbinden. Das Ultra Poor Graduation-Programm von BRAC illustriert diesen Ansatz: Während quantitative Effekte auf Einkommen rigoros gemessen wurden, erfassen begleitende qualitative Studien Veränderungen im Selbstwertgefühl und der sozialen Stellung – Aspekte, die für ein umfassendes Verständnis der Programmwirkung essentiell sind.

4.) Wie berücksichtigt der Smart-Buys-Ansatz indigenes Wissen und lokale Expertise?

Lokales Wissen steigert nachweislich die Effektivität von Entwicklungsinterventionen. Moderne Smart-Buys-Ansätze entwickeln systematische Mechanismen zur Einbeziehung lokalen Wissens durch Ko-Kreation mit Gemeinschaften, frühzeitige Konsultationen, Co-Design-Workshops und systematische Feedbackschleifen. Wie Nobelpreisträgerin Prof. Esther Duflo betont: "Lokales Wissen ist ein eigenständiges Wissenssystem, das in Dialog mit wissenschaftlichen Methoden treten muss." Partizipative Ansätze verbessern nicht nur lokale Akzeptanz, sondern steigern auch Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz.

5.) Besteht bei der Fokussierung auf Smart Buys nicht die Gefahr einer zu starken Konzentration auf kurzfristige, leicht messbare Ergebnisse?

Moderne Smart-Buys-Ansätze überwinden die Dichotomie zwischen kurz- und langfristiger Wirkung durch Langzeit-Nachuntersuchungen über 5-20 Jahre, Theory of Change-Ansätze zur Identifikation kausaler Mechanismen und systemische Indikatoren für strukturelle Veränderungen. Beispiel Entwurmungsprogramme: Langzeitstudien zeigen substanzielle Einkommenssteigerungen im Erwachsenenalter – ein Effekt, der die Kosteneffizienz dramatisch erhöht, aber in kurzfristigen Analysen nicht sichtbar war.

6.) Wie verhält sich der Smart-Buys-Ansatz zu komplexen systemischen Herausforderungen wie Governance-Reformen oder institutionellem Wandel?

Smart Buys und systemische Ansätze ergänzen sich fruchtbar und erweitern das Evidenzspektrum für komplexe Reformprozesse. Hebeleffekte ermöglichen katalytische Wirkungen auf größere Systeme, Portfolio-Ansätze kombinieren Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen, und adaptive Management-Modelle ermöglichen kontinuierliches Lernen. Das Problem-Driven Iterative Adaptation (PDIA) Modell von Harvard-Ökonom Matt Andrews kombiniert rigorose Evidenzorientierung mit kontextspezifischer, adaptiver Implementierung für Governance-Reformen. Dieser Ansatz hat in Ländern wie Sierra Leone und Albanien bemerkenswerte Erfolge bei komplexen Reformprozessen erzielt.

7.) Besteht nicht die Gefahr, dass der Fokus auf Kosteneffizienz marginalisierte Bevölkerungsgruppen vernachlässigt?

Diese Frage berührt den Kern des Spannungsfeldes zwischen Effizienz und Gerechtigkeit, das jede entwicklungspolitische Entscheidung durchzieht. Ein differenzierter Smart-Buys-Ansatz muss diese Spannung explizit adressieren, anstatt sie zu ignorieren. Die empirische Forschung zeigt, dass Kosteneffizienz und das Erreichen marginalisierter Gruppen kein inhärenter Widerspruch sein müssen:

1. Equity-Gewichtung: Moderne Kosten-Nutzen-Analysen gewichten Wirkungen für besonders vulnerable Gruppen höher, um Verteilungsgerechtigkeit zu fördern.

2. Last Mile-Strategien: Spezifische Implementierungsstrategien für schwer erreichbare Gruppen werden zunehmend als integraler Bestandteil von Smart-Buys-Programmen entwickelt.

3. Disaggregierte Datenanalyse: Die systematische Aufschlüsselung von Wirkungsdaten nach Vulnerabilitätskriterien ermöglicht gezielte Anpassungen für marginalisierte Gruppen.

Ein wegweisendes Beispiel: Der Global Fund verbindet stringente Wirkungsorientierung mit explizitem Fokus auf marginalisierte Bevölkerungsgruppen durch mobile Gesundheitsteams und peer-basierte Ansätze bei nachweislich hoher Kosteneffizienz.

8.) Wie verhält sich das Smart-Buys-Konzept zum Ownership-Prinzip und zur Agenda der Entwicklungspartner?

Die vermeintliche Spannung zwischen evidenzbasierter Priorisierung und partnerschaftlicher Zusammenarbeit ist eine der produktivsten Debatten in der modernen Entwicklungspolitik. Ein ausgereifter Smart-Buys-Ansatz strebt eine dialogische Integration von Evidenz und Partnerschaftsprinzipien an.

Die Erfahrung zeigt, dass erfolgreiches Ownership nicht im Widerspruch zu evidenzbasierter Programmgestaltung steht, sondern durch sie gestärkt werden kann:

1. Evidence-Informed Dialogue: Der Dialog mit Partnern wird bereichert durch gemeinsame Analyse der verfügbaren Evidenz zu verschiedenen Handlungsoptionen.

2. Capacity Building für Evaluation: Partnerländer werden befähigt, eigene rigorose

Wirkungsevaluierungen durchzuführen und evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen.

3. Gemeinsame Ergebnisorientierung: Klar definierte, messbare Ziele schaffen Transparenz und ermöglichen echte Partnerschaft auf Augenhöhe.


9.) Wie kann sichergestellt werden, dass Smart Buys nicht nur in kontrollierten Pilotstudien, sondern auch bei Skalierung effektiv bleiben?

Die Frage der Skalierbarkeit berührt einen kritischen Aspekt jeder Entwicklungsintervention. Der Übergang von der kontrollierten Pilotphase zur breiten Implementierung ist oft von Wirkungsverlusten begleitet – ein Phänomen, das in der Forschung als "Voltage Drop" bekannt ist. Ein differenzierter Smart-Buys-Ansatz adressiert diese Herausforderung durch:

1. Implementation Science: Diese aufstrebende Disziplin identifiziert systematisch die Kernkomponenten erfolgreicher Interventionen und die Bedingungen ihrer effektiven Skalierung.

2. Adaptive Delivery: Anstelle starrer Blaupausen werden flexible Implementierungsmodelle entwickelt, die kontinuierliche Anpassung und Lernen während der Skalierung ermöglichen.

3. Systematisches Monitoring: Engmaschige Wirkungsmessung während der Skalierungsphase ermöglicht frühzeitiges Erkennen von Effektivitätsverlusten und entsprechende Gegenmaßnahmen.

10.) Welche Rolle spielt wirkungsorientiertes Monitoring bei der Implementierung von Smart Buys?

Wirkungsorientiertes Monitoring ist das Nervensystem eines jeden Smart-Buys-Ansatzes und geht weit über traditionelle Compliance-Monitoring-Systeme hinaus. Es verbindet Rechenschaftspflicht mit kontinuierlichem Lernen und adaptive Programmsteuerung. Für eine erfolgreiche Implementation von Smart Buys ist ein lernorientiertes Monitoringsystem mit folgenden Charakteristika entscheidend: Indikatoren für frühzeitige Korrekturen, Echtzeit-Datenerfassung via digitaler Technologien, disaggregierte Analyse zur Identifikation von Implementierungslücken und institutionalisierte Feedbackschleifen.

11.) Wie kann die deutsche Entwicklungszusammenarbeit den Übergang zu einem stärkeren Smart-Buys-Fokus gestalten?

Der Übergang zu einer stärkeren Priorisierung von Smart Buys in der deutschen

Entwicklungszusammenarbeit erfordert einen strategischen, schrittweisen Ansatz. Die internationale Erfahrung zeigt, dass abrupte Portfolioumstellungen selten erfolgreich sind, während graduelle, evidenzgeleitete Transformationen nachhaltige Veränderungen bewirken können.

Ein realistischer Transformationspfad könnte folgende Elemente umfassen:

1. Evidenzkartierung: Systematische Analyse des bestehenden Portfolios hinsichtlich vorhandener Evidenz zur Wirksamkeit und Kosteneffizienz

2. Pilotierung und Lernen: Gezielte Implementierung ausgewählter Smart Buys als Pilotprojekte mit rigoroser Begleitevaluierung

3. Kapazitätsaufbau: Stärkung der analytischen Fähigkeiten in BMZ und Durchführungsorganisationen für Kosten-Nutzen-Analysen und Wirkungsevaluierung

4. Quotenansatz: Schrittweise Erhöhung des Anteils des Portfolios, der explizit evidenzbasierten Interventionen mit nachgewiesener Kosteneffizienz gewidmet ist

5. Institutionalisierung: Verankerung von Wirkungsorientierung und Kosteneffizient in Planungs-, Genehmigungs- und Evaluierungsprozessen





Mehr erfahren?

Diese Fragen beantworten wir noch detaillierter in unserem FAQ zu Smart Buys und beleuchten Hintergründe, Beispiele und Antworten auf häufige Fragen.

Für weitere Informationen, Rückfragen oder Feedback kontaktieren Sie uns gerne unter: info@kooperationglobal.de.

Wir freuen uns über Ihr Interesse!


 
 
 

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